Entscheidungen zum Internetrecht


1. „Unwirksamkeit von Online-Eheschließungen per Videotelefonie“

  • Gericht: Bundesgerichtshof (BGH)
  • Aktenzeichen: XII ZB 211/22
  • Entscheidung vom: 12. September 2023

Sachverhalt:
Zwei in Deutschland lebende nigerianische Staatsangehörige schlossen per Videotelefonie die Ehe vor einer Behörde in Utah, USA. Beide befanden sich während der Eheschließung in Deutschland und gaben ihre Erklärungen über eine zeitgleiche Bild- und Tonübertragung ab.

Entscheidung:
Der BGH entschied, dass eine von Deutschland aus per Videotelefonie geschlossene Ehe unwirksam ist, wenn die in Deutschland geltenden Formvorschriften nicht eingehalten werden. Da die Erklärungen im Inland abgegeben wurden, war deutsches Eheschließungsrecht maßgeblich.


2. „Löschung von Beiträgen mit Fehlinformationen zur Corona-Impfung“

  • Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main
  • Aktenzeichen: 16 W 24/23
  • Entscheidung vom: 15. Juni 2023

Sachverhalt:
Ein Nutzer veröffentlichte auf Facebook Beiträge, die nach Ansicht der Plattform Fehlinformationen über die Corona-Impfung enthielten. Der Nutzer klagte auf Wiederherstellung der gelöschten Inhalte.

Entscheidung:
Das Gericht entschied, dass Facebook berechtigt ist, Beiträge mit Fehlinformationen über die Wirksamkeit und Gefährlichkeit von Impfstoffen zu löschen. Der Nutzer habe keinen Anspruch auf Wiederfreischaltung, wenn die Inhalte gegen die Richtlinien der Plattform und geltendes Recht verstoßen.


3. „Kündigungsbutton auf Verkaufsplattformen“

  • Gericht: Landgericht Hildesheim
  • Aktenzeichen: 7 O 18/23
  • Entscheidung vom: 8. Mai 2023

Sachverhalt:
Ein Unternehmen bot Abonnements über eine von einem Drittanbieter betriebene Webseite an, auf der kein gesetzlich vorgeschriebener Kündigungsbutton vorhanden war. Kunden konnten ihre Verträge nur aufwendig per E-Mail oder Post kündigen.

Entscheidung:
Das Landgericht entschied, dass das Unternehmen dafür sorgen muss, dass ein Kündigungsbutton vorhanden ist, auch wenn es die Webseite nicht selbst betreibt. Unternehmen haften für Verstöße gegen Verbraucherschutzvorgaben, die mit ihren Angeboten verbunden sind.


4. „Prüfpflicht von Bewertungsportalen bei Fake-Bewertungen“

  • Gericht: Bundesgerichtshof (BGH)
  • Aktenzeichen: VI ZR 1244/20
  • Entscheidung vom: 9. August 2022

Sachverhalt:
Ein Hotelbetreiber beanstandete Bewertungen auf einem Portal und machte geltend, dass den Bewertungen kein Gästekontakt zugrunde liege. Der Betreiber des Bewertungsportals forderte weitere Nachweise, bevor eine Prüfung eingeleitet wurde.

Entscheidung:
Der BGH entschied, dass die Rüge des Hotelbetreibers, bestimmten Bewertungen liege kein Gästekontakt zugrunde, ausreicht, um eine Prüfpflicht des Portals auszulösen. Weitere Darlegungen sind nicht erforderlich. Bewertungsportale müssen bei solchen Hinweisen aktiv werden.


5. „Löschungspflicht von Falschzitaten auf Social-Media-Plattformen“

  • Gericht: Landgericht Frankfurt am Main
  • Aktenzeichen: 2-03 O 81/23
  • Entscheidung vom: 23. März 2023

Sachverhalt:
Ein Plattformnutzer forderte die Löschung eines falschen Zitats über seine Person. Nach der Löschung des ursprünglichen Posts tauchten inhaltlich gleiche Beiträge von anderen Nutzern auf. Der Kläger verlangte auch deren Entfernung.

Entscheidung:
Das Gericht entschied, dass die Löschungspflicht der Plattform auch für kerngleiche Folgeposts gilt. Betreiber sozialer Netzwerke müssen proaktiv nach ähnlichen Beiträgen suchen und diese entfernen, um die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person zu schützen.


Internetrecht

Die aktuellen Entscheidungen zeigen eine klare Entwicklung: Plattformbetreiber tragen zunehmend Verantwortung für die Moderation von Inhalten und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Gleichzeitig werden die Rechte der Nutzer auf Schutz vor Falschinformationen und unangemessenen Inhalten gestärkt. Die Entscheidungen schaffen klare Leitlinien für die Verantwortlichkeiten im digitalen Raum.

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